Warum genau sollte ich noch mal den Einzelhandel unterstützen?

Out of order

Aller­or­ten ist immer die Rede davon, dass man doch bit­te­schön den loka­len Ein­zel­han­del unter­stüt­zen möge. Nur warum? Wel­chen Vor­teil habe ich als Ein­zel­per­son davon? Mein Fazit, wel­ches ich hier an dieser Stelle schon einmal vorweg nehmen möchte, lautet schlicht und ergrei­fend „Keinen“!

Warum? Auch dies ist schnell erklärt, wobei ich gerne auf ein paar Punkte genau­er ein­ge­hen möchte.

  • Das „Killer-Argu­ment“ – der Preis. Man kann es drehen und wenden wie man will, aber der Händ­ler vor Ort ist zu 99% immer teurer als der güns­tigs­te Preis im Inter­net. Fakt! Jeder der das Gegen­teil behaup­tet, ist blind oder lügt schlichtweg.
  • Kür­ze­re Lie­fer­zei­ten? Wohl kaum. Der Ein­zel­händ­ler vor Ort bestellt auch erst alles beim Groß­händ­ler, da er so die Lager­hal­tung auf diesen abwäl­zen kann. Der möchte aber auch bezahlt werden und schlägt daher seine Unkos­ten auf den EK-Preis des Arti­kels auf. Bedeu­tet im Umkehr­schluss für den Kunden, dass er zwei Ver­käu­fer bezahlt. Warum also nicht gleich bei Amazon und Co. ein­kau­fen. Diese haben ihre eige­nen Läger und die damit ver­bun­de­nen Unkos­ten schon mit in den VK-Preis ein­kal­ku­liert. Zudem hat man häufig Zugriff auf Sen­dungs­ver­fol­gung und andere Fea­tures. Kostenlos!
  • Der Fach­händ­ler berät einen besser. Bull­shit! Meine eigene Erfah­rung hat mir gezeigt, dass der „Exper­te“ häufig gar keine Ahnung von den Pro­duk­ten hat, die er mit so tollen Worten an den Mann brin­gen möchte. Wie sollte er auch? Ab einer bestimm­ten Anzahl Arti­kel kann man sich über­haupt nicht mehr mit jeden davon kon­kret befas­sen. Auch hier punk­tet der Online­händ­ler mit seinen Bewer­tungs­sys­te­men. Zumeist kann man hier auf meh­re­re tau­sen­de Kunden-Mei­nun­gen zurück­grei­fen und sich selbst ein Bild ver­schaf­fen. Das Argu­ment, dass gerade hier viele nur ihren Frust raus­las­sen und ver­su­chen den Arti­kel schlecht­zu­re­den, lasse ich nicht gelten. Ich kenne das Gesetz der großen Zahlen und man muss auch kei­nes­wegs gleich eine Monte-Carlo-Simu­la­ti­on durch­füh­ren um zu erken­nen, wenn 10.000 Leute einen Arti­kel bewer­ten und davon 9.000 mit „Sehr Gut“, fünf Ster­nen oder was auch immer, dass es sich bei dem besag­ten Arti­kel nicht um Schrott han­deln kann. Funk­tio­niert anders herum übri­gens auch. Viele schlech­te Bewer­tun­gen lassen mich stets von einem Kauf Abstand nehmen.
  • Ver­füg­bar­keit ist ja auch so ein Schlag­wort. Angeb­lich kommt man im Ein­zel­han­del sehr viel schnel­ler an den gewünsch­ten Arti­kel, da dieser vor­rä­tig ist. Okay, das mag bei Bana­nen, Schrau­ben und Socken zutref­fen, aber schon bei einem doofen Auto­rei­fen, der vom Kind so sehr gewünsch­ten DVD und bei aus­ge­fal­le­nen Gewür­zen hört der Spaß auf. Zumeist wird einem dann zuge­sagt, man könne das gewünsch­te Objekt zügig ordern, aber wo ist dann mein Vor­teil gegen­über einem Kauf im Inter­net? Genau! Es gibt keinen.
  • Umtausch geht leich­ter. Na ja, genau dies habe ich schon oft genau anders erlebt. Da ver­keilt sich der Ver­käu­fer häufig mit den Fin­ger­nä­geln in der Theke und denkt nicht im Ent­fern­tes­ten daran, seine Kasse zu öffnen und den Arti­kel umzu­tau­schen. Ist ja auch klar. Ihm steht das Wasser häufig eh schon bis zum Hals und dann soll er seinen schon längst wieder aus­ge­ge­ben Umsatz wieder her­aus­rü­cken? Viel Spaß beim Dis­ku­tie­ren. Der Online­händ­ler macht hier zumeist über­haupt keine Zicken. Da wird ein Retou­re-For­mu­lar per E‑Mail geschickt, dieses druckt man sich ein­fach aus und ab zur Post damit. Manche Shops bieten sogar einen „Pick-Up & Return“-Service an. Da braucht man gar nicht mehr vor die Türe zu gehen ;-)
  • Es wird ja stets wie ein Mantra wie­der­holt, dass Online-Shop­ping ja so gefähr­lich ist und man quasi mit der Ein­ga­be seiner Bank­leit­zahl schon Haus & Hof ver­lo­ren hat. Ist natür­lich tota­ler Blöd­sinn, da die meis­ten Platt­for­men und Banken gegen sol­chen Unfug – der übri­gens extrem selten vor­kommt – ver­si­chert sind. Wer schon mal bei PayPal den Käu­fer­schutz in Anspruch genom­men hat, weiß wie leicht man sein Geld ersetzt bekommt, sollte es denn wirk­lich mal ver­lo­ren gehen. Ich selbst habe in einem kon­kre­ten Fall mal über 1.700 Euro nicht! ver­lo­ren, da PayPal in einer Betrugs­sa­che bei Ebay sämt­li­che Kosten für mich über­nom­men hat. Da sage ich doch: “Daumen hoch!“. Dar­über hinaus ist es ver­mut­lich wesent­lich gefähr­li­cher im Geschäft mit der Kombi aus EC-Karte und Pin-Code zu bezah­len. Der Schlin­gel, wel­cher böse Absich­ten im Sinn hat, braucht mir im Laden nur über die Schul­ter zu schau­en und vorm Geschäft eines vor die Mappe zu hauen. Schon ist er im Besitz der Karte und des Sicher­heits­codes. Dazu braucht es dann noch nicht einmal der Diens­te eines rus­si­schen Hackers.
  • Ihr wart schon einmal vor Weih­nach­ten in einer dieser Shop­ping-Malls? Ja? Dann erspa­re ich mir jede wei­te­re Aus­füh­rung, denn ich bin mir ziem­lich sicher, dass so man­cher hier seine erste Panik-Atta­cke genau dort erlebt hat. Nun gut, ist ja auch irgend­wo ein Erlebnis …

Ich spare mir jetzt schlicht­weg die Auf­füh­rung wei­te­rer Punkte, weil unter Strich komme ich immer auf den­sel­ben Nenner: der Ein­kauf vor Ort hat für mich als Ein­zel­per­son nur Nach­tei­le und ist stets mit wei­te­ren Unkos­ten ver­bun­den. Wenn ich an die fri­sche Luft möchte, um dort spa­zie­ren zu gehen, dann fahre ich in den Wald, aber ganz bestimmt nicht in die über­füll­ten Innen­städ­te, um dort meinen fünf Tage zuvor bestell­ten Arti­kel abzu­ho­len, die der Online­händ­ler mir bis vor die Haus­tü­re lie­fert. Stress, Zeit­ver­lust, Park­schein, Men­schen­ge­drän­ge, ver­fah­re­nes Benzin, … — die Liste der Nach­tei­le scheint endlos.

Viel­leicht müssen die Leute der Wahr­heit ein­fach mal ins Auge sehen und erken­nen, dass es jetzt an der Zeit ist, die Innen­städ­te einer ande­ren Ver­wen­dung zuzu­füh­ren als noch einen zehn­ten „1 Euro“-Laden zu eröff­nen, in dem es eh nur Ramsch und Müll gibt. Reich werde ich als Stadt­käm­me­rer mit sol­chen Kaschem­men eh nicht. Was zahlen die denn wohl schon groß an Steu­ern? Okay, das machen Amazon und Co. auch nicht, aber das ist ein ande­res Thema ;-)

So wie das Pferd seinen Stel­len­wert für den Men­schen ans Auto ver­lo­ren hat, so wird das Inter­net auf kurze Sicht den Ein­zel­han­del beer­ben, auch wenn viele das nicht gerne hören werden. Kar­tof­feln, Brot und Eier wird es noch sehr lange auch im Laden ums Eck geben, aber viele Dinge werden über kurz oder lang nur noch online zur Ver­fü­gung stehen und dies muss noch nicht einmal schlecht sein.

Ob die täg­lich bis zu 80 Kunden eines Paket­wa­gens nun alle mit ihren SUVs die Innen­städ­te zum Kol­la­bie­ren brin­gen, oder ob der freund­li­che DHL-Bote dies mit seinem großen gelben Lie­fer­wa­gen erle­digt – wer mag den gerin­ge­ren CO²-Fuß­ab­druck haben?

So, genug phi­lo­so­phiert – ich gehe jetzt shop­pen. Bei Amazon, Ebay und Co. und danach gehe ich spa­zie­ren. Im Wald!

P.S: Das Titel­bild für diesen Arti­kel wurde mir freund­li­cher­wei­se von Leo Walter von Wale-Art zur Ver­fü­gung gestellt. Ein Foto­graf, dessen Schaf­fen ich schon seit vielen Jahren schät­ze und bewun­de­re. Dar­über hinaus war er auch schon einmal Gast hier in meinem Blog und hat mir für einen Arti­kel viele wei­te­re seiner tollen Foto­gra­fien zur Ver­fü­gung gestellt. Wer mag, schaut ein­fach mal auf seinem wirk­lich sehens­wer­ten Face­book-Profil vorbei.

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